Leonardos Freunde

Leonardo Barini, angehender Schriftsteller, kehrt aus Rom zu einem kurzen Urlaub in sein Elternhaus im Süden zurück. Nur zu bald versinkt er in der Trägheit des Provinzlebens; der Vater schließt ihn in die Arme wie einen verlorenen Sohn, die Mutter bekocht ihn und wacht über seinen Schlaf, als sei er sechs Jahre alt anstatt Mitte Zwanzig. Mit seinen ehemaligen Schulkameraden verbringt er die Tage im Kaffeehaus, bei der passeggiata auf dem Corso und auf Gesellschaften, in denen nichts zur Sprache kommt, worüber es sich zu reden lohnte.
Wie Hans Castorp auf dem «Zauberberg» bemerken eines Tages auch Leonardo und seine Freunde, daß sich die Zeit verselbständigt hat und aus den geplanten drei Urlaubswochen bald Monate, ja Jahre geworden sind: «Nachdem sie einmal gelernt hatten, ein Jahr herumzubringen, brachten sie es zu immer großartigeren Leistungen in der Kunst, die Zeit totzuschlagen.» Die Grabesstille wird schließlich durch Francesco Buscaino gestört, der aus Amerika zurückkehrt und beschließt, in seiner Heimatstadt einen Aussichtsturm mit Konferenzsaal und Restaurant zu errichten. Das Geld will er sich bei einem Mundartdichter mit reicher Frau, einem auf eine bakterienfreie Lebensführung versessenen Adligen und einigen anderen wohlhabenden, mit spitzer Feder gezeichneten Mitbürgern verschaffen.
Nach vielen Jahren ist es so weit: der Turm steht, es fehlt nur noch die behördliche Genehmigung zur Eröffnung und Inbetriebnahme des Gebäudes. Die Unterredung, die der längst ergraute und nun endlich ans Ziel seiner Wünsche gelangte Buscaino mit dem zuständigen Beamten führt, ist ein Meisterstück des 1954 verstorbenen Verfassers. Die Genehmigung wird verweigert. Buscaino hat es versäumt, ein seit langem geltendes Gesetz zur Kenntnis zu nehmen, das die Errichtung hoher Gebäude untersagt, weil sich zu viele Menschen davon in den Tod stürzen könnten.
Kafka? Gewiß, er hat hier ebenso Pate gestanden wie Pirandello und Beckett. Dennoch ist «Leonardos Freude» ein eigenständiges Werk, dessen Reiz in der Spannung zwischen einem realistisch erfaßten Handlungsablauf und einer allegorischen Erzählebene liegt

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